Die sechste Underberg-Anleihe

Finanzdaten noch verbesserungsfähig

Dieser Anleihecheck betrifft die Anleihe Semper idem Underberg VI 2019/2025 über 60 Millionen Euro.

 

Geschäft:

Die Semper idem Underberg AG produziert und vertreibt bekannte alkoholische Marken mit dem Schwerpunkt Spirituosen. Im Halbjahr zum 30.9.2020 hielt sich Underberg lt. Einzelabschluss trotz der Corona-bedingten Schließung der Gaststätten, verringerter Feiern und Reisen sowie erhöhter Roh-Alkoholpreise recht gut: Umsatz -4%, EBITDA -7%, Jahresüberschuss unverändert. Die Liquidität konnte gegenüber dem 31.3.2020 bei 20 Millionen Euro gehalten werden; dazu kommen 3 Millionen nicht genutzte Kreditlinien. Angaben zur Kapitalflussrechnung fehlen. Der Zwischenbericht wurde am 18.12.2020, also noch vor der erneuten Lock-down-Verlängerung und dem wichtigen Weihnachtsund Jahresendgeschäft, erstellt. Darin wurde die bisherige Prognose zum GJ 3/2021 bestätigt: Umsatz -10% (ursprüngliche Planung vor Corona: +4%) und EBITDA -74% (vor Corona -18%).


Die im Folgenden genannten Finanzdaten beziehen sich nicht wie im 1. Absatz auf den Einzelabschluss, sondern auf den Konzernabschluss zum 31.3.2020 (ein Zwischenabschluss zum Konzern wird nicht veröffentlicht). Der Konzernabschluss ist aussagefähiger für das Gesamtbild der Underberg-Gruppe. Er weist trotz eines 35% höheren Umsatzes schlechtere Kennzahlen auf als der Einzelabschluss: z.B. ein 5% niedrigeres EBIT und v.a. einen fast 75% bzw. 2,3 Millionen niedrigeren Jahresüberschuss vor Gewinnabführung. Letzterer ist auf 2 Millionen Euro höhere Zinsaufwendungen für die Abzinsung von Pensionsrückstellungen zurückzuführen (26 Millionen Euro Pensionsrückstellungen, 0 im Einzelabschluss). Auffällig sind im Konzern auch die hohen Forderungen gegen die Gesellschafterin Underberg GmbH & Co. KG (59% des Eigenkapitals), eine Zwischenholding mit Ergebnisabführungsvertrag, über die es kaum Finanzinformationen gibt.

 

Zinszahlung:

Die EBIT-Zinsdeckung ist als ausreichend zu bezeichnen. Auch der Cashflow vor Zinsen und Steuern lag im Schnitt der letzten 5 Jahre nur rd. 10% über den Zinszahlungen. Mit einer Liquidität von über 20 Millionen Euro sollten die Zinszahlungen für die beiden Anleihen V und VI aber weiterhin problemlos möglich sein (Kupon jeweils 4%, zusammen 3,4Millionen jährlich).

 

Tilgung:

Die Kennzahl Net Debt / EBITDA ist wegen der hohen Verschuldung als höchstens ausreichend zu bezeichnen (die 6. Anleihe macht gemeinsam mit der ebenfalls noch ausstehenden 5. Anleihe zusammen nominal 85 Millionen Euro und damit fast 75% des Konzernumsatzes aus, dafür kaum Bankverbindlichkeiten). Dagegen war der Free Cashflow (Mittelzufluss laufendes Geschäft inkl. Zins- und Beteiligungsergebnis minus Investitionssaldo) in den letzten 4 Jahren wegen des wenig investitionsintensiven Geschäftsmodells stets deutlich positiv.

Das Investorenvertrauen in die 6. Anleihe ist wie schon bei den 5 vorausgegangenen Anleihen vergleichsweise hoch: So lag die Anleihe VI vor und nach der Corona-Krise fast immer über 103%. Während der Corona-Krise erholte sie sich nach einem Rückgang auf 70% sehr schnell wieder auf 100%. Underberg organisiert die Fremdfinanzierung traditionell fast nur über Anleihen, woran sich auch künftig nicht viel ändern dürfte. Wie berichtet, denkt man stets aber auch über „alternative fremd- und eigenkapitalbasierte“ Refinanzierungsmodelle nach.

 

Fazit:

Es besteht bei den Finanzkennzahlen noch Verbesserungsbedarf bis zur Tilgung der Anleihe V im Juli 2024 (25 Millionen Euro) und der Anleihe VI im November 2025 (60 Millionen Euro). Diese Verbesserung dürfte jedoch auch im nächsten GJ 3/2022, selbst nach dem erhofften Auslaufen der Coronabedingten Gaststätten- und Reisebeschränkungen, schwierig sein. Gründe: wettbewerbsintensive und eher stagnierende Branche sowie nicht auszuschließende Verzögerungen bei der Verlagerung des Produktionsstandortes Berlin nach Rüdesheim (Auslaufen des Mietvertrags in Berlin bis zum 31.12.2021 bzw. spätestens zum 30.6.2022). Aufgrund der guten Liquiditätssituation sollten die weiteren Zinszahlungen problemlos möglich sein. Bei der Tilgung der aktuellen Anleihen durch neue Anleihe-Emissionen werden der bekannte Markenname und die bisher überzeugende Präsenz am Kapitalmarkt helfen (4 getilgte Anleihen).

 

Die Bewertung durch das Scoring von URA Research, den URA Emissions Check, liegt bei 2 Haken (Notation „erhöhte Risiken“; von max. 5 Haken).

 

URA Research verwendet bei seiner Anleiheanalyse eine standardisierte Methode, die sich ausschließlich an den Interessen der Investoren orientiert. Zu den Kunden zählen Vermögensverwalter und Family Offices.

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